Montag, 22. August 2016

Blogparade "Mama ausgebrannt - Wege aus der Krise" - Teil II

Magna-Mater ruft auf zur Blogparade Mama ausgebrannt - Wege aus der Krise und beschäftigt sich mit einem wichtigen Thema: Erschöpfungszustände und postpartale (postnatale) Depressionen bei Müttern. Chutriel hat vor kurzem einen sehr ehrlichen Blogbeitrag über das Thema geschrieben und nun möchte ich in einem zweiten Teil meine Erfahrungen untermischen.

Ich erzähle euch jetzt meine Geschichte von Erschöpfung. Das Ausgebranntsein, das ich besonders nach der Geburt meiner zweiten Tochter erlebte, das hatte ich mir selbst zum Großteil verschuldet. Das weiß ich heute ebenso, wie ich es damals wusste, aber es gab so viele Dinge, die MUSSTE ich hinbekommen. Super-Mum! Leider vergaß ich, dass ich gar keine Superkräfte hatte und es mit irdischen Energien stemmen musste. Die Elternzeit meines Mann glänzte als super Voraussetzung, um mein Studium zügig abzuschließen, aber in der Realität ging dann doch nicht alles so lockerflockig von der Hand. Das Stillen nahm mir das kleine bisschen irdische Kraft und wache Nächte und vor allem lange Abende mit Babygeschrei und Kleinkind-Widerständen zerrten an mir, als wäre noch irgendwo Energie zu plündern.

Der Supergau mit Baby 2 und Masterarbeit

In den ersten sechs Monaten nach der Geburt, in denen viele Mütter sich ausschließlich aufs Baby konzentrieren, schrieb ich meine Masterarbeit. Warum nicht? So ein kleines Projekt schiebt man schon irgendwo dazwischen. Vollzeitstillen, Nebenjobs und Babymassage. Das könnte als Auslastung genügen, doch Super-Mum setzt sich noch in die Bib. Was war das für ein Wahnsinn, sag ich euch!

Man vergisst so viel. Ich wusste noch, dass Babys anstrengend sind, aber nach 1,5 Jahren hatte ich es doch weit genug verdrängt, um mich davon beeindrucken zu lassen. Irgendwie wird es schon gehen. Die Betonung liegt auf irgendwie, denn mein Mann kämpfte natürlich auch mit Schlafmangel und verzweifelte, weil die Haushaltsführung mit den zwei Kleinen eine echte Herausforderung war. Da konnte ich ihn nicht alleine lassen und außerdem wollte ich auch für meine Kinder da sein. Wer nimmt sich nicht vor, die Zeit mit Baby zu genießen? Also buchte ich den Babymassagekurs. Das wird schon irgendwie gehen.

Eine Entschleunigung als frisch-gebackene Familie wäre sicher nicht verkehrt gewesen. Woher kam die Eile? Mich trieben einige äußere Faktoren an, das Studium schnell hinter mich zu bringen und dann zu arbeiten: Als Bafög-Empfängerin musste ich mich an die Regelstudienzeit halten oder Rechenschaft ablegen, warum ich länger studieren will (Das ist echt mühsam und nervig). Außerdem wurde das Elterngeld meines Mannes wmit Hartz IV aufgestockt, nicht viel, da auch meine Verdienste gegengerechnet wurden, doch das fühlte sich einfach nicht gut an. Hartz IV. Nein, das wollte ich nicht länger als nötig beziehen. Und zu guter letzt gab es den alles entscheidenden Grund: Ein Jobangebot ab April. Das bedeutete, dass mir von der Geburt der Kleinen bis zur Abgabe der Masterarbeit 6 Monate Zeit blieben. Das sollte irgendwie zu schaffen sein.

Ausnahmezustand Baby

Irgendwie stellte es aber alles auf den Kopf. Wir befanden uns im Ausnahmezustand. Wie gut-organisierte Zombies schufteten wir uns durch den Tag: Masterarbeit, Jobs und Babymassage verschwimmen in meiner Erinnerung zu einem Einheitsbrei. Kinderwagen schieben und Fußnoten sortieren – So sah der Alltag aus. Freunde traf ich nicht mehr und legte meine Hobbys auf Eis. Freizeit hätte ich nirgendwo unterbringen können. Mir war in der Zeit sowieso alles zu viel. Egal bei welcher Aufgabe, man musste 100%ig da sein und das strengte mich sehr an. Ich hätte gern viel zu viel Kaffee oder Bier getrunken, aber das Stillen machte mir einen Strich durch die Rechnung.

Besonders vor den Abenden fürchtete ich mich, wenn die Kinder schrien und an Schlafen nicht zu denken war. Wieso könnte ich um 19 Uhr pennen und die Knirpse hielten bis 23 Uhr durch?

War es irgendwie zu viel? Sicherlich. Nur kann ich mir zum Beispiel auch nicht vorstellen, wie Mütter es schaffen mit Baby und Kleinkind allein fertig zu werden, z. B. während der Mann arbeitet. Ganz zu schweigen von Alleinerziehenden, die nicht einmal abends Ablösung bekommen. Ich hätte gerne mehr geschlafen in dieser Babyzeit, anstatt zu arbeiten oder mich mit Literatur herumzuschlagen, aber das können andere Mütter ja auch nicht. Babys bringen einen an die eigenen Grenzen, aber es war immer absehbar: Das geht vorbei und es wird wieder besser.

Fehlende Untersützung

Von Beginn an haben mein Mann und ich als Team zusammen gearbeitet. Das war auch wichtig, da wir keine andere Unterstützung hatten. Unsere Familien wohnten nicht in der Nähe. Dennoch haben wir ein paar dumme Fehler gemacht:


  • Die große Tochter war zu Hause. Mit 1,5 Jahren hätte sie auch schon in einen Kindergarten oder zu einer Tagesmutter gehen können, was uns vieles erleichtert hätte. Wir merkten die Herausforderung mit zwei Kindern allerdings zu spät. Als wir am Ende unserer Kräfte nach KiTa oder Tagesmutter suchten, fanden wir natürlich nichts auf die Schnelle. So etwas darf einem nicht spontan einfallen.
  • Freunde von uns haben sich schlau gemacht und sind auf tolle Angebote gestoßen, von denen wir erst im Nachhinein erfuhren. In Bonn gibt es sowohl "Familienpaten" als auch "Wellcome Engel", die jungen Familien unter die Arme greifen.
  • Wir hätten mehr Hilfe einfordern sollen. Es wäre sicherlich hin und wieder möglich gewesen, dass Familienangehörige meines Mannes, die nicht so weit weg wohnen, mal ein paar Tage vorbei gekommen wären und geholfen hätten. Man muss nicht immer alles allein bewältigen.
  • Wir hätten uns einen Babysitter zutrauen sollen. Damals schien es uns ein nicht zu bewältigender Aufwand, einen Babysitter zu casten und die Kinder an ihn zu gewöhnen. Im Nachhinein denke ich, dass es sich gelohnt hätte, diesen Aufwand zu betreiben.
Was ich daraus gelernt habe

Nach Abgabe der Masterarbeit fiel eine große Last von meinen Schultern und als die große Tochter mit 2,5 Jahren in den Kindergarten kam, entspannte sich unser Leben deutlich. Gleichzeitg hatten wir auch kein Baby mehr im Haus, da nun auch die kleine Tochter ein Jahr alt geworden war. Es wurde ruhiger.

Tatsächlich mussten wir "nur" durchhalten, aber man hätte es einfacher haben können. Warum wollte ich so eine Super-Mum sein? Mama mit Master? Bussinessmum? Naja, zugegebener Maßen fühlte es sich die damit einhergehende Bewunderung gut an. Studieren und Nebenjobs und zwei Kinder. Masterarbeit mit Note 1,3. Direkt nach dem Studium eine Arbeitstelle in der Tasche. Vollzeit versteht sich. Das kraulte natürlich das eigene Ego! Im Gegensatz zu Müttern und Vätern, die sich voll den Kindern widmen bekommt man als Macht-noch-jede-Menge-nebenbei-Mum viel Anerkennung, was schön ist, aber auch eine Falle sein kann.

Trotzdem gilt: Das Leben mit Baby ist Leben am Limit und ich kann nur allen empfehlen, meine oben aufgeführten Fehler zu vermeiden. Unterstützung von außen kann helfen, Erschöpfungszustände zu vermeiden. Gerade wenn man als Mutter oder Vater den ganzen Tag allein mit den Kindern stemmen muss, sollte man sich Auszeiten schaffen. Wenn dabei keine Familie unterstützen kann, googelt doch mal, ob es nicht auch bei euch Wellcome-Engel, Familienpaten, Tagesmütter, Vorkindergärten, Babysitter oder ähnliches gibt. Super-Mums sind wir trotzdem alle!!

4 Kommentare:

  1. Liebe Schokominza,

    Danke, dass auch Du mitgemacht hast! Ein sehr ähnlicher Text könnte von mir sein: Diplomarbeit + 4 Diplomklausuren im Wochenbett, Abgabe der Arbeit 3 Monate postpartum. Babysitter, Tagesmutter? Fehlanzeige. Nach 6 Monaten selbständig gemacht. Freizeit? Ich hab doch meinen Job! Erholung? Keine Zeit. Aber müüüüüüde bis zum umfallen.
    Ich wünsche mir sehr, dass anderen Mamas Dein Text hilft, diese Fallen sicher zu umschiffen und klare Prioritäten zu setzen.
    Alles Liebe,
    Isabel

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    1. Irgendwie verrückt, oder, was man sich nach der Geburt seiner Kinder alles noch aufbürdet? Ich würde auch allen raten, sich mehr Zeit zu lassen.

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  2. Boah, es beruhigt mich ungemein, dass dir das Ganze nicht so einfach "von der Hand ging", wie es den Anschein hatte! Während ich ja "nur" zuhause bei den Kindern war (bin) und mir in den letzten (bald) zwei Jahren beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie ich so jemals wieder arbeiten gehen könnte.
    Durch die Überlastung mit den beiden Kindern hat sich auch bei mir eine Depression entwickelt. Aber ich vermute, dass diese schon viel früher da war, nach der schweren Geburt des ersten Kindes, nur unterdrückt.
    Ich möchte demnächst ebenfalls einen ausführlicheren Bericht für die Blogparade schreiben. Ich bin nämlich auch der Meinung, dass dieses Thema viel zu wenig beachtet, nein, sogar unterdrückt wird!

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    1. Hallo Daniela,
      es ist sehr unschön zu lesen, dass sich bei dir eine Depression entwickelt hat. Hätte ich bei dir echt nicht gedacht! Auf deinen Bericht bin ich wirklich sehr gespannt - Ich wünsche dir Alles Gute, vorallem gesundheitlich! Schokominza

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