Sonntag, 20. September 2015

Sammelbeitrag - Die schönen Vorsätze und die Realität nach der Geburt

Die meisten werdenden Mütter kennen es: spricht man noch-schwanger davon, wie man gewisse Dinge nach der Geburt handhaben möchte, wird man mit "Jaja, warte erstmal ab, wenn das Kind da ist!" von Schon-Müttern belächelt.

Stimmt es, dass Vorsätze in der Schwangerschaft nach der Geburt nicht realisiert werden können? 

Wir haben für euch gesammelt: 
Unsere Vorsätze und was mit ihnen passiert ist, "als das Kind dann da war"!

Chutriel wollte...

...unbedingt arbeiten: Elternzeit bitte nicht länger als sechs Monate und definitiv gleichberechtigte Anteile beim Beitrag zum Familieneinkommen und der Erziehung. Meine Elternzeit geht jetzt ins dritte Jahr, mein Mann war keinen einzigen Tag und ich bin verzweifelt auf der Suche nach Arbeit, damit wir den Plan wenigstens bei Kind Nr. 2 realisieren können. Und es ist verdammt schwer, nicht nur theoretisch, auch in der Praxis auf Grund von Lebensumständen, Arbeitsbedingungen und Vertragsbefristungen.

...nie Tragen: Tatsächlich habe ich mich vor der Geburt nur um einen Kinderwagen als um ein Tragetuch gekümmert und fand den Gedanken, das Kind den ganzen Tag mit mir rumschleppen zu müssen, eher anstrengend als anheimelnd. Eine Wohnung im vierten Stock während des ersten halben Jahres, kaum Fahrstühle an den Bahnhöfen, volle Busse sowie ein dauerzahnendes Kind und ein Schlechtschläfer ließen mich meine Meinung ziemlich schnell ändern. Der Kinderwagen wurde nur noch zum Einkaufen verwendet (wenn der Einkauf nicht in den Rucksack passte).


...weithin pedantisch Ordnung halten und Zeit für sich: Darüber kann ich jetzt wirklich nur lachen. Oder weinen. Je nach Tagesform. Denn mit einem Baby und späterem Kleinkind lohnt sich das Aufräumen einmal am Tag (wenn es denn dann abends irgendwann schläft) und "Zeit für mich" bedeutet, in Ruhe duschen zu können. Man wird genügsam...

...kein Familienbett: Und ich will es immer noch nicht. Der Zweijährige schläft aber trotzdem noch bei uns, hält uns die Nächte wach und kann jetzt sogar "Mama Papa Bett Heia" sprachlich einfordern. Ich hatte unterschätzt, wer hier am längeren Hebel sitzt und was Dauer-Schlafentzug mit solchen Dingen wie Konsequenz und Durchhaltevermögen anstellt.

...nicht zur Gluckenmutter mutieren, sondern bleiben wie sie war: Zur Gluckenmutter bin ich nicht geworden, verändert habe ich mich aber sehr. Ich bin jetzt wesentlich entspannter, glücklicher, gelöster und humorvoller als vor der Geburt. Die diskussionsfreudige Feministin, die sich ständig über das System beschwert und "das war schon immer so, das muss so sein" in Frage stellt, kommt trotzdem zum Glück weiterhin zum Vorschein.


Schokominza wollte...

... kein Familienbett: Über das Konzept eines Familienbettes habe ich früher nicht nachgedacht. Man kann Kinderbetten kaufen, also schläft der Säugling darin. Die Sache schien mir einfach, doch bereits im Krankenhaus schlief Mila NUR mit mir im Bett ein und wir benutzten das Kinderbett erst nach einem Jahr. Nachts nicht aufstehen zu müssen, stellte sich schnell als komfortabel heraus. Ich stille quasi im Schlaf und fühlte mich nach den Nächten gut ausgeruht.

... das Stillen nur mal probieren: Die Sache mit dem Stillen schien mir ziemlich verhext zu sein und so wollte ichs nur mal ausprobieren, aber stellte mich aufs Flasche geben ein. Und dann? Keinerlei Probleme. Es klappte auf Anhieb und verursachte keine Schmerzen. Beide Kinder habe ich dann 9 Monate lang gestillt. Mal gerne, mal weniger gerne.

... auf jeden Fall Freundschaften pflegen: Den Wunsch habe ich immernoch, aber es ist schon verdammt schwierig. Man findet einfach keine Zeit. Manche Freunde haben auch so viel Verständnis, dass sie sich gar nicht mehr melden (schade!). Andere Freunde erwarten wieder zu viel. Es ist wirklich schwierig und ich habe ein neues Verständnis für Eltern entwickelt, die sich nur noch mit anderen Eltern treffen. Manchmal ist das einfacher.
Aber es gibt auch andere unkomplizierte Freunde, die nicht nur mich, sondern auch die Kinder sehen wollen und auf sie eingehen. So haben sich die Freundschaften doch verschoben.


... weiter studieren: Es kostete viel Kraft und Nerven. Aber das Studium ist inzwischen abgeschlossen!!!!! Ich weiß nicht, ob es schlimmer oder einfacher war, als ich es mir vorgestellt habe. Es war einfach anders. Ich habe es auf die Reihe bekommen und bin stolz auf mich.

... die Bestimmerin sein: Meine Kinder sollten keine Tyrannen werden und wie so jeder Kinderlose hatte ich klare Vorstellungen davon, wie ich meine Kinder erziehen wollte. Kein Drama vorm Schlafen gehen! Die Kinder sollten liebe und höfliche Menschen werden.
Das Problem bei der Sache war nur, den Anfang zu finden. Ein Baby schreit nicht aus Boshaftigkeit und auch ein Kleinkind hat seine natürlichen Trotzphasen - Strafen und Schimpfen schienen der falsche Weg in solchen Situationen. Andererseits fängt Erziehung doch früh an und man sollte unerwünschtes Verhalten nicht zur Gewohnheit werden lassen...
Inzwischen dringen die ersten Resultate unserer Erziehung durch und ich bin ganz zufrieden mit uns. Mila fasst in Geschäften nichts an und hilft gerne. Sie ist ein nettes Mädchen, sagt immerzu "bitte" und "dankeschön" und achtet auf andere Kinder. Das sind die Grundlagen, auf die man aufbauen kann, denke ich.

 ... glückliche Kinder: Auch wenn wir Eltern die Bestimmer sind, meine Kinder strahlen und wirken mit dem, was ihnen geboten wird und wie wir mit ihnen umgehen, zufrieden. Manchmal möchte ich noch mehr mit ihnen basteln, singen und toben. Dann bin ich unzufrieden, wenn ich so viel arbeiten muss. Oder ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich nach der Arbeit nichts mit ihnen unternehme, sondern mich mit Freunden treffe. Je älter und selbstständiger die Kinder werden, desto zufriedener werde ich, weil sie jetzt auch alleine oder miteinander spielen. Man hat dann nicht mehr das Gefühl "Ich sollte jetzt bei ihnen sein".

Marypenny wollte...

...niemals stillen: Stillen kam für mich nicht in Frage. Da niemand aus meiner Familie gestillt hat (ob gewollt oder ungewollt),habe ich mich ganz klar dagegen entschieden. Unabhängigkeit war das Zauberwort. Das Baby auch mal über Nacht zu Oma und Opa geben. Nach und nach ließ ich mich dann von Freundinnen,Familie und auch meiner Hebamme "überreden" es doch wenigstens mal zu versuchen! Am Ende habe ich meinen Sohn 19 Monate gestillt. Ich bin stolz,dass ich es durchgezogen habe,aber bin nun auch froh,dass wir das abstillen gepackt haben. 

...weiter studieren: In der Schwangerschaft wurde ich nicht zu müde zu betonen,dass mein Kind mit 3 Monaten zur Krippe kommt und ich dann weiter studieren werde. Ich war felsenfest davon überzeugt,dass es mir nichts ausmachen würde,mein Kind in der Krippe anzugeben. Denn schließlich wollte ich nur ein Urlaubssemester einlegen. Nach der Geburt hat sich das aber ganz schnell geändert. 2 Jahre und ein Uniwechsel später,starte ich ab Oktober wieder durch und bin froh,dass ich doch erstmal zu Hause geblieben bin.

...niemals ein Familienbett: Insgesamt hat Noah vielleicht eine Woche in seinem eigenen Bett geschlafen. Ich habe immer wieder gern Eltern kritisiert,deren Kinder nicht im eigenen Bett schlafen. Jetzt bin ich selbst eine von den Müttern. Jetzt mit fast 2 Jahren beginnen wir langsam ihn an sein eigenes Bett zu gewöhnen. Es klappt ganz gut. Aber er kann auch jederzeit zu uns ins Bett krabbeln. 


...Freundschaften pflegen und oft genug feiern gehen: Vor meiner Schwangerschaft war ich eine "Ich-gehe-jeden-Tag-feiern-ruf-mich-bloß-nicht-vor-12-Uhr-an"-Studentin. Selbstverständlich ging ich davon aus,dass ich mein Kind regelmäßig bei Oma und Opa unterbringen könnte,um mit Freunden feiern gehen zu können. Ich war in den letzten zweieinhalb Jahren nicht einmal feiern. Es stört mich nicht. Die engsten Freunde sind geblieben,halten trotz Kind Kontakt und man sieht sich trotzdem regelmäßig zwischen Windeln,unaufgeräumten Zimmern und Krümmeln auf dem Boden. 

Lerche wollte....



….6 Monate voll stillen und dann mit Breifahrplan abstillen. Wie kompliziert dieses empfohlene Vorgehen für mich ist und dass es auch viel einfacher geht, habe ich erst gemerkt, als es soweit war. Also stille ich seit 14 Monaten, inzwischen noch morgens-mittags-abends-nachts. Er braucht es nicht zum Leben, er kommt auch einen Tag bei Papa super ohne aus, aber mich stört es nicht und wenn ich da bin, lasse ich ihn eben. Statt Breifahrplan gab’s Fingerfood. Wir haben keine größeren Allergierisiken, also warum es unnötig kompliziert machen.

….das Tragen mit dem Kinderwagen kombinieren. Da steht er, unser schweineteurer Kinderwagen, den die Urgroßeltern besorgt haben. Kaum benutzt, aus Verlegenheit mal bei Besuchen. Zu unserer Umgebung und zum Küken passt das Tragen einfach besser. Inzwischen nutzen wir auch immer mal wieder einen günstigen Faltbuggy für Kurzstrecken. Das große, wunderschöne Teuer-Teil setzt derweil Staub an. 

….Stoffwindeln benutzen. Das hat geklappt und klappt immer noch. Am Anfang haben wir sie mit Wegwerfwindeln kombiniert um uns langsam ran zu tasten, aber seither kommen an des Kükens Bürzel nur kuschlige Stoffis. Ist viel weniger aufwendig, als man denkt, wenn man erstmal eine Routine entwickelt hat.

….das Kind frühzeitig ans eigene Bett gewöhnen. Das haben wir auch vorbildlich angefangen. Aber irgendwann wurden wir faul. Zum Stillen jedesmal richtig wach werden? Das schreiende Kind beruhigen, weil es bei Mama und Papa bleiben will? Bei Bauchweh/Zahnen das Bett verlassen? Morgens aufstehen, sobald das Babyfon krächzt (und nicht erst, wenn es Küken zu langweilig wird und er uns ein Bilderbuch über die Rübe zieht? Das ist mir alleine schlafen nicht wert. So schlafen wir alle besser und länger und dank 2,40 x 2,10 ist auch nicht von einem Platzproblem zu sprechen.

….mich wenn das Küken wach ist, nur ihm und seiner Spiellust widmen. „Oh ja, das ist eine Katze. Schau mal, sie ist schwarz. Genau, dann schnurrt sie….ach, warte mal, ich schau nur kurz auf das Handy. Mhm. Ja, eine Katze, genau. Nein Spatz, das Handy kannst du nicht haben, das benutze ich gerade.“ Ich bin kein Vorbild. Selbst wenn bei uns der Fernseher immer aus ist, wir haben ja Handy und Laptop. Die Retourkutsche bekomme ich spätestens im Teenie-Alter „Ja Mama, ich hör dir doch zu…ne, ehrlich…das is nur Whatsapp, das mach ich so nebenher…und überhaupt, ihr habt doch beim Essen auch die Handys an“.

…genauso motiviert weiter studieren, wie bisher. Haha. Ich studiere weiter, aber meine Motivation ist weg. Einfach so abgehauen. Mir ist völlig egal, welche Noten ich bekomme, solange es irgendwie für den Master reicht. Durchwursteln statt Überfliegen ist die Devise. Statt später mal die Welt zu retten, will ich auch nur einen anspruchsvollen Job mit gutem Gehalt, ordentlichen Karrierechancen und stabilen Aussichten. Bloß keine weiteren Experimente. 

….ganz viele neue, nette Mütterfreundschaften schließen. An dieser Stelle Grüße nach England: Meine einzige Krabbelgruppenbekanntschaft, die ich wirklich mochte, ist dahin ausgewandert. Ansonsten habe ich nur virtuelle Bekanntschaften. Das ist natürlich auch was wert, aber in der Krippe neue Leute kennen lernen? Schwierig, bei zwei Elternabenden im Jahr und berufstätigen Müttern. Ich hoffe auch nicht mehr auf irgendwelche Sportkurse oder sonstige Kind-Eltern-Veranstaltungen. Bleibt’s eben bei meinem sehr überschaubaren Freundeskreis nur aus Männern. 

...dank ihres Studiums viel entspannter sein, als andere Mütter. Inzwischen klappt das gut. Aber fragt meine oben erwähnten virtuellen Bekanntschaften, was für Dramen es gab, als ich mir bei Krippenstart nicht ganz über Kükens Bindungsverhalten sicher war. Oder wie schlecht ich mich gefühlt habe, weil auch meine Nerven mal blank lagen. Trotz der Maxime "Ein Kind braucht nur eine ausreichend gute, keine perfekte Mutter". "Ausreichend gut" war in meinem Hirn irgendwie ziemlich nah an perfekt verortet.

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