Mittwoch, 30. September 2015

Schritt für Schritt - der etwas andere Blick auf den Tag einer Mutter

Seitdem ich versuche meinen Alltag konsequent aktiver zu gestalten, begleitet mich mein Schrittzähler jeden Tag. An meinem Handgelenk erfasst er jede meiner Bewegungen und zählt jeden meiner Schritte.


Mein tägliches Ziel liegt dabei bei 10.000 Schritten. Klingt viel? Lest selbst, ob und wie ich dieses Ziel an einem normalen Tag erreiche:

Montag Morgen, 06:15 Uhr. Ich bin aus dem Bett gekrochen und habe es bisher nur bis zur Toilette geschafft. Die erste 12 Schritte sind gezählt.

07:25 Uhr - 436 Schritte: Zeit das Kind zu wecken. Ich selbst habe an dieser Stelle schon mich selbst und das Frühstück zurecht gemacht. Kaffee gab es auch. Ab jetzt hat die Ruhe ein Ende.

08:03 Uhr - 1.001 Schritte: Kilian ist im Kindergarten abgeliefert und ich sitze im Auto auf dem Weg zur Arbeit.

09:00 Uhr - 2.090 Schritte: Frühstückspause. Bisher verlief der Tag viel zu ruhig für einen Montag. Die Ruhe vor dem Sturm?

12:43 Uhr - 3.575 Schritte: Schnauze voll, Feierabend! Gleitzeit ist was Feines!

14:01 Uhr - 4.544 Schritte: Nachdem ich ein bisschen geputzt habe, gönne ich mir einen Snack und lege kurz die Füße hoch, bevor ich Kilian abhole

17:50 Uhr - 6.658 Schritte: Wir haben sowohl einen Friseurbesuch, als auch den Wocheneinkauf erledigt, haben auf dem Hof gespielt und bereiten das Abendessen vor

19:34 Uhr - 10.864 Schritte: Der Hund und ich haben unsere allabendliche Runde hinter uns. Kilian guckt noch etwas Fern bevor es gleich ins Bett geht.

22:15 Uhr - 11.647 Schritte: Nachdem ich mein Mittagessen für den kommenden langen Arbeitstag vorbereitet habe, liege ich nun auch endlich im Bett.



Aufgrund einer äußerst unruhigen Nacht (Kilian hatte wohl Zahnschmerzen) zeigt der Zähler letztendlich 12.093 Schritte an. Das entspricht etwa 7,9 km und 218 kcal die ich aktiv mit Gehen verbrannt habe. Ziel erreicht und auch wenn ich das nicht jeden Tag schaffe, motiviert es mich ungemein in bewegung zu bleiben. So kommen im Monat gut und gerne 185 km zusammen. Kein Wunder, dass ich ständig neue Schuhe brauche :P

Jeder Mutti, die vielleicht auch etwas abnehmen will, kann ich einen Schrittzähler absolut empfehlen. Denn so stellt man erst einmal fest, wieviel man sich tatsächlich bewegt. Dazu braucht es keinen fancy Activity-Tracker, wie ich ihn habe. Eine einfache Schrittzähler App für das Smartphone tut es auch.

Jetzt will ichs wissen! Wer überbietet mich? Zählt eure Schritte und schreibt sie in die Kommentare ;)

Sonntag, 27. September 2015

"Du bist so inkonsequent" - Respekt und Augenhöhe in der Erziehung

Nach Solinas tollen Beitrag über ihre entspannte Haltung in der Erziehung, wollte ich auch ein Fazit ziehen. Unser Sohn ist nun über zwei Jahre alt und langsam wird erkennbar, dass wir einen für uns guten Weg gefunden haben und alle "du bist so inkonsequent"-Kommentargeber (wer kennt sie nicht?!) endlich Ruhe geben. 

Dein kompetentes Kind

Ich habe mich in einem früheren Beitrag schon als Fan der Jesper Juul "Pädagogik" geoutet, die nachhaltig unseren Erziehungsstil beeinflusst hat.

Quelle: Amazon (da meins gerade verliehen ist)

Bei Jesper Juuls Büchern hat man keinen wirklichen Erziehungsratgeber zu erwarten, weil er von seinen Erfahrungen als Familientherapeut berichtet und Eltern eher zu mehr Gelassenheit und Integrität aufruft als konkrete Verhaltensweisen zu diktieren. Als Leitlinie steht die Aussage, dass jedes Kind kompetent ist, d.h. als ein kompetent soziales Wesen auf die Welt kommt und weder erzogen werden muss noch sollte. Eltern und Kinder entfalten sich in einem demokratischen Miteinander am besten, bei dem ein liebevoller und respektvoller Umgang die Tagesordnung darstellt.

Abweichendes und problematisches Verhalten ist nie ein Zeichen von Trotz oder Bockigkeit des Kindes, sondern liegt in einem Problem in der Eltern-Kind-Beziehung begründet. Und Kinder sind im Endeffekt so schlau, uns sofort zu zeigen, wenn was nicht rund läuft und wir Eltern irgendwas machen, was ihre Integrität verletzt. Als Erwachsene in der Beziehung stehen wir dabei in der Verantwortung, das Problem zu erkennen und zu thematisieren.

Was heißt das konkret?

Klingt erstmal vielleicht ein bisschen nach Wischiwaschi-anti-autoritärer-Waldorf-Pädagogik (no offense, liebe Waldorfer), hat aber tatsächlich das Ziel, autoritäre Erziehung als grundsätzlich schädlich zu markieren. Womit wir natürlich unsere Eltern-Generation (und anderen) direkt mal vor den Kopf stoßen, denn bereits erwähnte "du bist so inkonsequent"-Aussagen werden am liebsten von denen getätigt, die sich von ihren Kinder "nicht auf der Nase rumtanzen lassen" wollen und sie notfalls auch an der Tankstelle stehen lassen, auf den Balkon zum Schreien rausstellen oder in sonst einer Art demütigen, nur um ihnen zu zeigen, wer das Sagen hat und dass die Kinder mit ihrem unerwünschten Verhalten nichts erreichen.

Als Soziologin stehe ich natürlich total auf die Grundaussage, dass alle menschlichen Beziehungen ein Ausdruck von Machtverhältnissen sind. Aber gerade die enge Eltern-Kind-Bindung sollte frei von Machtausübung, sprich Autorität, sein. Sondern auf einer Grundlage von Vertrauen und Verständnis aufgebaut werden.

Vielleicht ist meine Kindheit noch nicht lange genug zurück, als dass ich mich nicht noch allzu gut an die schlechten Gefühle erinnern kann, die so eine Machtausübung bei mir ausgelöst haben. Es gab keine Erklärungen, keinen Spielraum - in solchen Momenten fühlte ich mich klein und ungeliebt, nur weil ich was getan habe, was den Großen nicht passte.

Und dieses Gefühl wollte ich meinem Kind niemals vermitteln.

Demokratische Erziehung im Alltag

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Kinder führungslos durch die Gegen marodieren können. Im Gegenteil: Demokratisch Erziehen bedeutet, dass man als Elternteil seine Rolle genauso wichtig und vor allem als solche auch wahrnimmt. Die eigene Integrität darf ebenfalls nicht verletzt werden, d.h. die Grenzen, die ich meinem Kind aufzeige, sind meine eigenen. 
Ganz entscheidend ist dabei auch die Vorbildfunktion, die ich einnehme. Mein Kind spiegelt mein Verhalten durch Nachahmung und Imitation - oder durch konkrete Ablehnung.

Warum sollte mir mein Kind zuhören, wenn ich es aber anschreie? Warum sollte es mich mit Respekt behandeln, wenn ich es umgekehrt auch nicht tue?

Keine Sanktionen

Wenn es per se kein "falsches" Verhalten gibt, macht es das Sanktionieren dieser redundant. Von Strafen und "Auszeiten" halte ich also persönlich nichts. Die lösen weder den Konflikt, noch machen sie Sinn - außer, dass sie dem Kind zeigen, wer mehr Macht hat. 

Doch wer Kleinkinder kennt, weiß, dass sie den Alltag auf den Kopf stellen, alles ewig dauert und sie ihren eigenen Kopf haben. Da ist man schnell genervt und will das Kind am liebsten in die Spur zwingen, damit es wieder funktioniert. Doch gerade diese "Trotzphase"- schöner gesagt "Autonomiephase" - ist wirklich wichtig, da das Kind seinen Platz in der Welt findet und erfährt, dass es Entscheidungen treffen kann und darf und soll. In dieser sensiblen Phase soll das Kind erleben, dass es nicht unterdrückt und gezwungen sondern ihm mit Respekt entgegnet wird.

Kinder sind nun mal Kinder und probieren viel aus. Dabei halten sie sich natürlich nicht an das, was Mama gerade am liebsten will. Demokratie hin oder her, aber mit einem Zweijährigen alles aushandeln zu wollen ist doch utopisch?!

Solche (vor allem Alltags-)Konflikte lassen sich meist wirklich nur mit viel Gelassenheit lösen. Ist es wirklich so schlimm, wenn das Kind in Gummistiefeln in die Krippe geht? Muss es wirklich am Tisch sitzen bleiben und essen, wenn es lieber spielen will? 

Nein, muss es nicht. Wie Solina in ihren Post schon geschrieben hat, ist es spätestens dann an der Zeit, selbst mal in Frage zu stellen, warum Dinge sein müssen. Weil sie immer so waren? Weil ich das auch musste? Trotzdem kann das Kind relevante soziale Normen und Konventionen lernen und dabei unsinnige zu Recht ignorieren. Etliche davon sind selten kindgerecht, vor allem die, die verlangen, dass sich Kinder wie kleine Erwachsene verhalten (hallo Nazi-Zeit). Als kompetenter Mensch geboren zu sein und damit schon von Natur aus sozial zu sein, bedeutet nämlich, dass Dinge wie Rücksicht, Anteilnahme und Respekt schon vorhanden sind und nicht anerzogen werden müssen.

Beispielsweise die Essenssituation, die in vielen Familien konfliktbeladen ist. Bei uns ist es so, dass unser Sohn nicht am Tisch sitzen und essen muss. Denn erstens setze ich ihm Mahlzeit und Portion vor (die darf er also auch weder schaffen noch mögen) und zweitens brauchen wir einfach länger als er, der als aktiver Zweijähriger Hummeln im Hintern hat. Wenn er gegessen hat (oder auch nicht essen will), darf er aufstehen und spielen, gleichzeitig hat er aber zu respektieren, dass Mama und Papa noch essen wollen und am Tisch bleiben.
Meistens kommt er eh zurück und will lieber bei uns sein als alleine spielen zu müssen. Es gibt kein Theater, weil wir nichts Unmögliches (über Gebühr Stillsitzen) von unserem Kind verlangen, nur, dass er auf unsere Wünsche Rücksicht nimmt.

In Restaurants versteht er die Besonderheit der Situation und bleibt bei allen am Tisch sitzen, beschäftigt sich mit einem Buch oder seinen Spielsachen. Hier greift wieder der Grundgedanke, dass Kinder sozial kompetent auf die Welt kommen und sich in ihre soziale Gruppe einfügen. Was ich tatsächlich nie anders erlebe.

Trotzdem: ist mein Sohn besonders krawallig drauf, darf er das auch sein. Tut er mir weh, gehe ich weg - anstatt ihn wegzusetzen - und erkläre ihm, dass ich so nicht mit ihm zusammen sein will. Macht er was kaputt, bin ich traurig über den Verlust und zeige ihm das auch. Kippt er Dinge aus, räumen wir sie danach zusammen wieder auf (und ich stelle sie danach einfach außer Reichweite). In keiner Situation gibt es einen Grund, ihn anzuschreien oder sauer auf ihn zu sein. Tue ich es doch, entschuldige ich mich dafür.

Es gib zig Alltagssituationen, die auf Grund meiner Haltung zu den Dingen, "die sein müssen" Konflikte mit meinem Kind produzieren, die sich mit einer demokratischen und kindgerechten Haltung dazu vermeiden ließen.

Eigentlich ist es relativ einfach und intuitiv, wenn man sich ein paar grundsätzliche "Verhaltensregeln" überlegt hat. Bei uns haben sich folgende im letzten Jahr etabliert:

1. Körperliche Nähe wird niemals verweigert: Eine Sache, bei der ich von eigentlich engen Familienangehörigen als inkonsequent dargestellt werde, die mir aber eine Herzensangelegenheit ist. Egal, wie mein Kind sich verhält oder was gerade los ist, ob er gerade doof zu mir war oder ich eigentlich beschäftigt bin, sucht mein Kind meine Nähe, bekommt er sie. Immer, da er sich niemals abgelehnt fühlen soll! Körperliche Zuwendung ist ein Grundrecht und tut nicht nur den Kindern, auch uns Eltern gut.
(Na gut, eine Ausnahme gibt es doch. Im Auto geht es wirklich schlecht ^^. )

2. Kinder wollen gesehen werden: Alles, was Kinder machen, ist Interaktion und Kontaktaufnahme. Unser Feedback ist entscheidend, ob und wie sich selbst in der Welt verorten und verstehen. Sie mit Nicht-Achtung zu strafen, halte ich persönlich für ziemlich gemein. Machen sie Dinge, "um uns zu ärgern", die man nach Expertenmeinung ja ignorieren soll, um ihnen das auszutreiben, frage ich mich eher, warum sie das machen (siehe genauer Punkt 7). Was drücken sie damit aus? Was zeigen sie uns? Müssen sie zu solch radikalen Methoden greifen, weil sie von uns sonst nicht gesehen werden?

3. Verhalten und Gefühle werden grundsätzlich erklärt: Ich finde Worte für Gefühle, nicht nur für die meines Kindes, sondern auch für meine. Mittlerweile erlebe ich, dass mein Zweijähriger tatsächlich ein extrem empathisches Verständnis für die Gefühlslagen seiner Mitmenschen entwickelt hat. Aber auch für sich selbst findet er nun Worte. Schreien oder Bocken kommt bei uns gar nicht mehr vor, er sagt deutlich, was er will oder nicht will oder zeigt es mit anderen Gesten, da er erfahren hat, dass Gefühlslagen in jeder Form immer respektiert werden und sein "Nein!" auch als solches akzeptiert wird. (Und wie schon geschrieben, erfährt er von mir, dass er so oft wie möglich mitentscheiden kann, erfahre ich von ihm, dass er auch kooperiert, wenn ICH es unbedingt möchte)

4. Mein Kind kann sich auf mich verlassen: Damit meine ich nicht, dass ich 24/7 zur ständigen Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung stehe. Zum Glück verändert sich das nach dem ersten Lebensjahr des Kindes und man findet langsam aber sicher zu seinen eigenen Bedürfnissen zurück. Ich kann und will nicht immer so, wie mein Sohn es gerne hätte. Dank Punkt 3 versteht er es auch immer besser. Dabei biete ich ihm Alternativen an oder verspreche, seinen Wünschen später nachzukommen. Wenn ich bspw. koche und gerade nicht mit ihm spielen kann, holen wir das aber nach dem Essen nach. Selbst wenn er es bis dahin vergessen hat, halte ich mich an mein Wort. Immer und in jeder Situation, damit er mich als verlässliche Person erlebt. Das bedeutet aber auch, dass ich weder Dinge verspreche noch androhe, die ich eh nicht halten kann oder werde. Womit in meinen Augen solche Androhungen wie "wenn du jetzt das und das nicht machst, mache ich das und das!" einfach komplett überflüssig sind und meinem Kind eigentlich nur erst Angst machen, mit dem Ergebnis, dass es mich dann hinterher sowieso nicht mehr ernst nimmt.

5. Alles ist aushandelbar: Bei den vorangegangen Punkten und dem folgenden ist dieser Punkt entscheidend. In einer demokratischen Familie zu leben, heißt, dass jeder auf seine Kosten kommt und berücksichtigt wird. Manchmal muss man zurückstecken, kommt dafür aber später wieder an erster Stelle. Dabei zählen alle Familienmitglieder gleich und nicht nur einer bestimmt, wie es zu laufen hat. Dabei muss man für den Zweijährigen natürlich andere Mittel und Wege finden, die aber meistens relativ unproblematisch und kreativ gelöst werden können. Im Gegensatz zu älteren Kindern oder den Erwachsenen in der Familie, deren Wünsche und Bedürfnisse natürlich komplexer sind.

6. Der Rahmen ist vorgegeben, aber persönliche Freiheit wird respektiert: Natürlich gibt es Dinge, die sein müssen. Zähne putzen, sich anziehen, im Auto angeschnallt werden, sich in Bus und Bahn benehmen usw. . Doch gibt es genug Handlungsspielraum, den jedes Kind mitgestalten dürfen sollte (siehe Punkt 3). Er darf erst noch fertig spielen, bevor wir Zähne putzen (angekündigt), er darf sich eine andere Hose aussuchen, wenn er die von mir rausgelegte nicht anziehen will und er darf selbst ins Auto steigen und in den Sitz klettern oder muss die Schuhe ausziehen, wenn er in der Bahn auf den Sitz steigen will, um rauszugucken. Zeigt man seinem Kind, dass es Entscheidungsfreiheiten hat und man seinen Willen respektiert, respektiert es im Gegenzug auch, dass man gewissen Dinge von ihm verlangt, weil sie doch sein müssen.

7. Zeigt er "unerwünschtes Verhalten", frage ich mich, woher es kommt: Wie in Punkt 2 schon aufgeführt, habe ich wirklich nie erlebt, dass er was "einfach so" macht. Entweder dient es der Kontaktaufnahme oder ist ein Zeichen dafür, dass er sich missachtet fühlt oder er ahmt mich schlicht nach. Und dann ist es an mir, mein Verhalten zu ändern.

8. Wir genießen uns: Der wohl wichtigste Punkt. Bei allen Versuchen, sein Leben mit Kind irgendwie auf die Reihe zu bekommen, dem Kind genug Aufmerksamkeit zu schenken, sich trotzdem treu zu bleiben und man natürlich auch alles richtig machen will: die Zeit, die wir miteinander haben, ist so kostbar und das eigene Kind mit Abstand der wunderbarste Mensch, den man kennenlernen und begleiten darf. Da darf man auch ruhig mal zusammen einen Lolli vor dem Abendessen naschen, vor dem Fernseher gammeln und die Schlafenszeit nach hinten verschieben, weil gerade so schön gespielt wird.

9. Es gibt auch scheiß Tage: Ist so. Manchmal klappt gar nichts, man verliert die Fassung, ist ungerecht und genervt. Sowohl mein Kind als auch ich haben ein Recht darauf. So lange wir uns wieder aussöhnen und verzeihen, ist alles in Ordnung. Kinder als kompetente Menschen verstehen viel mehr als wir augenscheinlich meinen und von ihrer Art, schnell zu vergessen und zu vergeben, dabei wieder vorbehaltlos mit uns umgehen zu können, können wir Erwachsene noch eine Menge lernen.

Natürlich bedarf es bei so einer demokratischen Grundhaltung in der Erziehung ein relativ dickes Fell, da sie gerade von der Mehrzahl der anderen Erziehungsberechtigten mit verächtlichen Blicken bedacht wird. Vor allem, wenn ich geschlagene 20 Minuten auf dem Boden in der Krippe sitze und in Ruhe warte, bis sich mein Kind anziehen will. Oder er bei Tisch, nachdem er fertig ist, einfach aufsteht und geht. Oder oder oder - die Situationen sind zahlreich, die Meinungen anderer mir aber ziemlich egal. Ich erfahre meinen Sohn als einen liebevollen, rücksichtsvollen und eigentlich ständig gut gelaunten Menschen, an dessen Lebensrhythmus ich mich - zugegeben - auch sehr gerne anpasse. Deshalb bemühen wir uns weiter um eine demokratische Grundhaltung in der Erziehung. Schließlich gebe ich meinem Kind damit sehr wichtige Werte mit auf den Weg, anstatt ihn zu einem unproblematisch folgenden Soldaten zu erziehen.

Generell kann man also sagen, dass man abseits aller Ratgeber, Konventionen und Tipps wirklich seinen eigenen Weg finden sollte, dabei variieren kann, manche Phasen einfach überstehen muss und sich aber auch ändern darf. Dabei zählt nur, dass sich alle Beteiligten - Mama genauso so wie das Kind - damit wohl fühlen. 

Mittwoch, 23. September 2015

PunkRock Parents

„Klasse, wie locker ihr das seht! Ich könnte das nicht.“ Ein Kompliment einer Mutter an eine andere. Ein Kompliment, wie es ehrlicher und wertvoller nicht sein könnte.

Insbesondere hat es mich zum Nachdenken angeregt: Wie locker bin ich eigentlich wirklich?

1. Mein Kind darf sich dreckig machen!
Es ist nur Kleidung. Ich kaufe zwar auch teilweise Markenkleidung, aber selbst diese lässt sich doch problemlos waschen. Warum soll mein Kind also nicht mit dem Essen matschen dürfen? Lätzchen machen nur noch mehr Wäsche…

2. Mein Kind darf sich weh tun
Die Grenzen der Physik – besonders die der Schwerkraft – lernen Kinder nur durch Erfahrung. Dabei gibt’s auch mal Beulen und Kratzer. Aber jede kleine Blessur macht mein Kind um eine Erfahrung reicher.

3. Mein Kind darf Ausrasten
So lange er dabei nicht um sich schlägt und sich oder andere verletzt, lasse ich ihm seine kleinen (oder großen) Ausraster. Hat er sich beruhigt, kann ich ihm viel besser erklären, warum er dies oder jenes nicht durfte.

4. Mein Kind darf im Supermarkt toben
Und es ist mir scheißegal, was die anderen Kunden denken. Wir spielen Verstecken zwischen den Regalen oder wir fahren Einkaufswagenkarussell. Das Kind ist happy und ich bin viel schneller wieder zu Hause, als wenn ich ihn zum stillsitzen zwinge.

5. Mein Kind darf entscheiden was er anzieht
Die Kombinationen sind manchmal echt merkwürdig, aber alles was zählt, ist die Kooperation. Wir sind so durchaus in der Lage, uns wetterabhängig auf ein Outfit zu einigen.

6. Mein Kind darf „nicht wollen“
Sei es nun jemandem die Hand oder mir ein Küsschen zu geben, das Brot aufessen, das Auto wieder aufheben, etc. Wer nicht will, der hat! Besonders ein Recht aus Selbstbestimmung.

Bei Mario Barth heißt es so schön: „Er muss seine eigenen Entscheidungen treffen. Manche Entscheidungen sind positiv behaftet, andere Entscheidungen sind negativ behaftet!“ Und auch wenn die antiautoritäre Erziehung hier ordentlich durch den Kakao gezogen wird, kann ich sie an vielen Stellen nachvollziehen.
Aber nicht, weil ich meinem Kind krampfhaft versuchen will, mein Kind seine eigenen Erfahrungen machen zu lassen, sondern hauptsächlich, damit ich mir nicht über Sachen mein Hirn zerbreche, die im Endeffekt total belanglos und nebensächlich sind.

Es gab Zeiten, in denen das nicht so war und wenn ich jetzt auf diese Zeiten zurückblicke, ärgere ich mich über mich selbst. Dass ich die Kindererziehung nicht so angegangen bin, wie den Rest meines Lebens: einfach etwas punkiger.

Kinder sind nun mal Kinder. Sie machen und Krach und Dreck und dafür lieben wir sie.

Sonntag, 20. September 2015

Sammelbeitrag - Die schönen Vorsätze und die Realität nach der Geburt

Die meisten werdenden Mütter kennen es: spricht man noch-schwanger davon, wie man gewisse Dinge nach der Geburt handhaben möchte, wird man mit "Jaja, warte erstmal ab, wenn das Kind da ist!" von Schon-Müttern belächelt.

Stimmt es, dass Vorsätze in der Schwangerschaft nach der Geburt nicht realisiert werden können? 

Wir haben für euch gesammelt: 
Unsere Vorsätze und was mit ihnen passiert ist, "als das Kind dann da war"!

Chutriel wollte...

...unbedingt arbeiten: Elternzeit bitte nicht länger als sechs Monate und definitiv gleichberechtigte Anteile beim Beitrag zum Familieneinkommen und der Erziehung. Meine Elternzeit geht jetzt ins dritte Jahr, mein Mann war keinen einzigen Tag und ich bin verzweifelt auf der Suche nach Arbeit, damit wir den Plan wenigstens bei Kind Nr. 2 realisieren können. Und es ist verdammt schwer, nicht nur theoretisch, auch in der Praxis auf Grund von Lebensumständen, Arbeitsbedingungen und Vertragsbefristungen.

...nie Tragen: Tatsächlich habe ich mich vor der Geburt nur um einen Kinderwagen als um ein Tragetuch gekümmert und fand den Gedanken, das Kind den ganzen Tag mit mir rumschleppen zu müssen, eher anstrengend als anheimelnd. Eine Wohnung im vierten Stock während des ersten halben Jahres, kaum Fahrstühle an den Bahnhöfen, volle Busse sowie ein dauerzahnendes Kind und ein Schlechtschläfer ließen mich meine Meinung ziemlich schnell ändern. Der Kinderwagen wurde nur noch zum Einkaufen verwendet (wenn der Einkauf nicht in den Rucksack passte).


...weithin pedantisch Ordnung halten und Zeit für sich: Darüber kann ich jetzt wirklich nur lachen. Oder weinen. Je nach Tagesform. Denn mit einem Baby und späterem Kleinkind lohnt sich das Aufräumen einmal am Tag (wenn es denn dann abends irgendwann schläft) und "Zeit für mich" bedeutet, in Ruhe duschen zu können. Man wird genügsam...

...kein Familienbett: Und ich will es immer noch nicht. Der Zweijährige schläft aber trotzdem noch bei uns, hält uns die Nächte wach und kann jetzt sogar "Mama Papa Bett Heia" sprachlich einfordern. Ich hatte unterschätzt, wer hier am längeren Hebel sitzt und was Dauer-Schlafentzug mit solchen Dingen wie Konsequenz und Durchhaltevermögen anstellt.

...nicht zur Gluckenmutter mutieren, sondern bleiben wie sie war: Zur Gluckenmutter bin ich nicht geworden, verändert habe ich mich aber sehr. Ich bin jetzt wesentlich entspannter, glücklicher, gelöster und humorvoller als vor der Geburt. Die diskussionsfreudige Feministin, die sich ständig über das System beschwert und "das war schon immer so, das muss so sein" in Frage stellt, kommt trotzdem zum Glück weiterhin zum Vorschein.


Schokominza wollte...

... kein Familienbett: Über das Konzept eines Familienbettes habe ich früher nicht nachgedacht. Man kann Kinderbetten kaufen, also schläft der Säugling darin. Die Sache schien mir einfach, doch bereits im Krankenhaus schlief Mila NUR mit mir im Bett ein und wir benutzten das Kinderbett erst nach einem Jahr. Nachts nicht aufstehen zu müssen, stellte sich schnell als komfortabel heraus. Ich stille quasi im Schlaf und fühlte mich nach den Nächten gut ausgeruht.

... das Stillen nur mal probieren: Die Sache mit dem Stillen schien mir ziemlich verhext zu sein und so wollte ichs nur mal ausprobieren, aber stellte mich aufs Flasche geben ein. Und dann? Keinerlei Probleme. Es klappte auf Anhieb und verursachte keine Schmerzen. Beide Kinder habe ich dann 9 Monate lang gestillt. Mal gerne, mal weniger gerne.

... auf jeden Fall Freundschaften pflegen: Den Wunsch habe ich immernoch, aber es ist schon verdammt schwierig. Man findet einfach keine Zeit. Manche Freunde haben auch so viel Verständnis, dass sie sich gar nicht mehr melden (schade!). Andere Freunde erwarten wieder zu viel. Es ist wirklich schwierig und ich habe ein neues Verständnis für Eltern entwickelt, die sich nur noch mit anderen Eltern treffen. Manchmal ist das einfacher.
Aber es gibt auch andere unkomplizierte Freunde, die nicht nur mich, sondern auch die Kinder sehen wollen und auf sie eingehen. So haben sich die Freundschaften doch verschoben.


... weiter studieren: Es kostete viel Kraft und Nerven. Aber das Studium ist inzwischen abgeschlossen!!!!! Ich weiß nicht, ob es schlimmer oder einfacher war, als ich es mir vorgestellt habe. Es war einfach anders. Ich habe es auf die Reihe bekommen und bin stolz auf mich.

... die Bestimmerin sein: Meine Kinder sollten keine Tyrannen werden und wie so jeder Kinderlose hatte ich klare Vorstellungen davon, wie ich meine Kinder erziehen wollte. Kein Drama vorm Schlafen gehen! Die Kinder sollten liebe und höfliche Menschen werden.
Das Problem bei der Sache war nur, den Anfang zu finden. Ein Baby schreit nicht aus Boshaftigkeit und auch ein Kleinkind hat seine natürlichen Trotzphasen - Strafen und Schimpfen schienen der falsche Weg in solchen Situationen. Andererseits fängt Erziehung doch früh an und man sollte unerwünschtes Verhalten nicht zur Gewohnheit werden lassen...
Inzwischen dringen die ersten Resultate unserer Erziehung durch und ich bin ganz zufrieden mit uns. Mila fasst in Geschäften nichts an und hilft gerne. Sie ist ein nettes Mädchen, sagt immerzu "bitte" und "dankeschön" und achtet auf andere Kinder. Das sind die Grundlagen, auf die man aufbauen kann, denke ich.

 ... glückliche Kinder: Auch wenn wir Eltern die Bestimmer sind, meine Kinder strahlen und wirken mit dem, was ihnen geboten wird und wie wir mit ihnen umgehen, zufrieden. Manchmal möchte ich noch mehr mit ihnen basteln, singen und toben. Dann bin ich unzufrieden, wenn ich so viel arbeiten muss. Oder ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich nach der Arbeit nichts mit ihnen unternehme, sondern mich mit Freunden treffe. Je älter und selbstständiger die Kinder werden, desto zufriedener werde ich, weil sie jetzt auch alleine oder miteinander spielen. Man hat dann nicht mehr das Gefühl "Ich sollte jetzt bei ihnen sein".

Marypenny wollte...

...niemals stillen: Stillen kam für mich nicht in Frage. Da niemand aus meiner Familie gestillt hat (ob gewollt oder ungewollt),habe ich mich ganz klar dagegen entschieden. Unabhängigkeit war das Zauberwort. Das Baby auch mal über Nacht zu Oma und Opa geben. Nach und nach ließ ich mich dann von Freundinnen,Familie und auch meiner Hebamme "überreden" es doch wenigstens mal zu versuchen! Am Ende habe ich meinen Sohn 19 Monate gestillt. Ich bin stolz,dass ich es durchgezogen habe,aber bin nun auch froh,dass wir das abstillen gepackt haben. 

...weiter studieren: In der Schwangerschaft wurde ich nicht zu müde zu betonen,dass mein Kind mit 3 Monaten zur Krippe kommt und ich dann weiter studieren werde. Ich war felsenfest davon überzeugt,dass es mir nichts ausmachen würde,mein Kind in der Krippe anzugeben. Denn schließlich wollte ich nur ein Urlaubssemester einlegen. Nach der Geburt hat sich das aber ganz schnell geändert. 2 Jahre und ein Uniwechsel später,starte ich ab Oktober wieder durch und bin froh,dass ich doch erstmal zu Hause geblieben bin.

...niemals ein Familienbett: Insgesamt hat Noah vielleicht eine Woche in seinem eigenen Bett geschlafen. Ich habe immer wieder gern Eltern kritisiert,deren Kinder nicht im eigenen Bett schlafen. Jetzt bin ich selbst eine von den Müttern. Jetzt mit fast 2 Jahren beginnen wir langsam ihn an sein eigenes Bett zu gewöhnen. Es klappt ganz gut. Aber er kann auch jederzeit zu uns ins Bett krabbeln. 


...Freundschaften pflegen und oft genug feiern gehen: Vor meiner Schwangerschaft war ich eine "Ich-gehe-jeden-Tag-feiern-ruf-mich-bloß-nicht-vor-12-Uhr-an"-Studentin. Selbstverständlich ging ich davon aus,dass ich mein Kind regelmäßig bei Oma und Opa unterbringen könnte,um mit Freunden feiern gehen zu können. Ich war in den letzten zweieinhalb Jahren nicht einmal feiern. Es stört mich nicht. Die engsten Freunde sind geblieben,halten trotz Kind Kontakt und man sieht sich trotzdem regelmäßig zwischen Windeln,unaufgeräumten Zimmern und Krümmeln auf dem Boden. 

Lerche wollte....



….6 Monate voll stillen und dann mit Breifahrplan abstillen. Wie kompliziert dieses empfohlene Vorgehen für mich ist und dass es auch viel einfacher geht, habe ich erst gemerkt, als es soweit war. Also stille ich seit 14 Monaten, inzwischen noch morgens-mittags-abends-nachts. Er braucht es nicht zum Leben, er kommt auch einen Tag bei Papa super ohne aus, aber mich stört es nicht und wenn ich da bin, lasse ich ihn eben. Statt Breifahrplan gab’s Fingerfood. Wir haben keine größeren Allergierisiken, also warum es unnötig kompliziert machen.

….das Tragen mit dem Kinderwagen kombinieren. Da steht er, unser schweineteurer Kinderwagen, den die Urgroßeltern besorgt haben. Kaum benutzt, aus Verlegenheit mal bei Besuchen. Zu unserer Umgebung und zum Küken passt das Tragen einfach besser. Inzwischen nutzen wir auch immer mal wieder einen günstigen Faltbuggy für Kurzstrecken. Das große, wunderschöne Teuer-Teil setzt derweil Staub an. 

….Stoffwindeln benutzen. Das hat geklappt und klappt immer noch. Am Anfang haben wir sie mit Wegwerfwindeln kombiniert um uns langsam ran zu tasten, aber seither kommen an des Kükens Bürzel nur kuschlige Stoffis. Ist viel weniger aufwendig, als man denkt, wenn man erstmal eine Routine entwickelt hat.

….das Kind frühzeitig ans eigene Bett gewöhnen. Das haben wir auch vorbildlich angefangen. Aber irgendwann wurden wir faul. Zum Stillen jedesmal richtig wach werden? Das schreiende Kind beruhigen, weil es bei Mama und Papa bleiben will? Bei Bauchweh/Zahnen das Bett verlassen? Morgens aufstehen, sobald das Babyfon krächzt (und nicht erst, wenn es Küken zu langweilig wird und er uns ein Bilderbuch über die Rübe zieht? Das ist mir alleine schlafen nicht wert. So schlafen wir alle besser und länger und dank 2,40 x 2,10 ist auch nicht von einem Platzproblem zu sprechen.

….mich wenn das Küken wach ist, nur ihm und seiner Spiellust widmen. „Oh ja, das ist eine Katze. Schau mal, sie ist schwarz. Genau, dann schnurrt sie….ach, warte mal, ich schau nur kurz auf das Handy. Mhm. Ja, eine Katze, genau. Nein Spatz, das Handy kannst du nicht haben, das benutze ich gerade.“ Ich bin kein Vorbild. Selbst wenn bei uns der Fernseher immer aus ist, wir haben ja Handy und Laptop. Die Retourkutsche bekomme ich spätestens im Teenie-Alter „Ja Mama, ich hör dir doch zu…ne, ehrlich…das is nur Whatsapp, das mach ich so nebenher…und überhaupt, ihr habt doch beim Essen auch die Handys an“.

…genauso motiviert weiter studieren, wie bisher. Haha. Ich studiere weiter, aber meine Motivation ist weg. Einfach so abgehauen. Mir ist völlig egal, welche Noten ich bekomme, solange es irgendwie für den Master reicht. Durchwursteln statt Überfliegen ist die Devise. Statt später mal die Welt zu retten, will ich auch nur einen anspruchsvollen Job mit gutem Gehalt, ordentlichen Karrierechancen und stabilen Aussichten. Bloß keine weiteren Experimente. 

….ganz viele neue, nette Mütterfreundschaften schließen. An dieser Stelle Grüße nach England: Meine einzige Krabbelgruppenbekanntschaft, die ich wirklich mochte, ist dahin ausgewandert. Ansonsten habe ich nur virtuelle Bekanntschaften. Das ist natürlich auch was wert, aber in der Krippe neue Leute kennen lernen? Schwierig, bei zwei Elternabenden im Jahr und berufstätigen Müttern. Ich hoffe auch nicht mehr auf irgendwelche Sportkurse oder sonstige Kind-Eltern-Veranstaltungen. Bleibt’s eben bei meinem sehr überschaubaren Freundeskreis nur aus Männern. 

...dank ihres Studiums viel entspannter sein, als andere Mütter. Inzwischen klappt das gut. Aber fragt meine oben erwähnten virtuellen Bekanntschaften, was für Dramen es gab, als ich mir bei Krippenstart nicht ganz über Kükens Bindungsverhalten sicher war. Oder wie schlecht ich mich gefühlt habe, weil auch meine Nerven mal blank lagen. Trotz der Maxime "Ein Kind braucht nur eine ausreichend gute, keine perfekte Mutter". "Ausreichend gut" war in meinem Hirn irgendwie ziemlich nah an perfekt verortet.

Freitag, 11. September 2015

HypnoBirthing - Die Mongan-Methode

HypnoBirthing ermöglicht eine schmerzfreie Geburt mit Hilfe von Selbsthypnose durch Atmungstechniken und Meditation. Klingt...esoterisch? 

Schon in der ersten Schwangerschaft empfand ich den Gedanken ganz charmant, eine schmerzarme und entspannte Geburt im Geburtshaus zu erleben. Damals kaufte ich mir voller Optimismus das Buch "HypnoBirthing - Der natürliche Weg zu einer sicheren, sanften und leichten Geburt" von Marie F. Mongan.


Nach einer sehr traumatisch erlebten Frühgeburt mit Kaiserschnitt und Komplikationen, bin ich mehr denn je von der Grundidee, natürlich und sicher zu gebären, überzeugt. 

Oder absolut beratungsresistent. Je nachdem, wen man fragt. Denn jetzt bin ich wieder schwanger und beschäftige mich noch intensiver mit HypnoBirthing.

Was ist HypnoBirthing?

HypnoBirthing basiert auf der Idee des britischen Gynäkologen Grantly Dick-Read, die besagt, dass Schmerz bei der Geburt durch ein Angst-Schmerz-Verkrampfungs-Syndrom entsteht und ergo eine schmerzfreie Geburt möglich sein kann, wenn sich der Körper der Frau in einem entspannten und angstfreiem Zustand befindet. Durch die Ausschüttung von Endorphinen erlebt die Frau ihren eigenen körperlichen Drogencocktail, der jede andere Zufuhr von Medikamenten unnötig macht. Dazu sind aber auch gewisse Umgebungsbedingungen notwendig, die einer Frau ermöglichen, sich ganz auf sich zu konzentrieren. Dr. Dick-Read war damit 1913 seiner Zeit um ein halbes Jahrhundert voraus und kannte Endorphine noch nicht, die erst in dern 70ern "entdeckt" wurden. Trotzdem erkannte er den Zusammenhang zwischen Angst und Schmerz. 

Diese "Idee" ist jetzt nicht neu - schließlich propagieren Hebammen schon lange, dass eine natürliche Geburt in einem Umfeld, in dem sich die Frau wohl und geborgen fühlt, sicherer und komplikationsärmer verläuft. Trotzdem verlagerte sich im Laufe der Zeit die Geburt immer mehr in Krankenhäuser und wurde medizinischer.  

Marie F. Mongan entwickelte (auch nach zwei eigenen sehr schmerzhaften Geburten im Krankenhaus) nach den Artikeln und Büchern von Dick-Read und auf der Grundlage der Lamaz- sowie Bradley-Methode eine eigene Methode, die Frauen eine schmerzfreie und freudige Geburt ermöglichen sollte. 1989 wurde HypnoBirthing das erste Mal vorgestellt.

Hier das offizielle Video über die Mongan-Methode:


Der Kurs

HypnoBirthing-Geburtsvorbereitungskurse sind leider immens teuer (300 bis 500 Euro) und werden nur sehr vereinzelt angeboten. Ich empfand das Buch alleine allerdings als nicht sonderlich hilfreich, um HypnoBirthing wirklich zu LERNEN. Deshalb sah ich mich im Internet nach Online-Kursen um und wurde fündig. Hier geht es zum Online-Kurs.

Der Kurs kostet aktuell 99 Euro im Sommerangebot (sonst 129 Euro) und beinhaltet fünf Einheiten mit zahlreichen Informationen, Übungen, Videos und PDFs, auf die man jederzeit Zugriff hat und die man sich so oft ansehen kann, wie man möchte.

Für Interessierte gibt es einen kostenlosen Schnupperkurs über die erste Einheit. Dort kommt Marie Mongan selbst zu Wort, es werden die medizinischen Grundlagen und die Philosophie hinter HypnoBirthing erläutert sowie erste Atemübungen und eine HypnoGeburt gezeigt. Alles in allem sehr schön gemacht, wie ich finde, weshalb ich mich dazu entschloss, den restlichen Kurs auch zu kaufen.

Spätestens im Januar kann ich euch davon berichten, wie erfolgreich ich die Mongan-Methode bei der Geburt anwenden konnte. Stay tuned ;).

Mittwoch, 9. September 2015

Blogger für Flüchtlinge - Von Kindern, Menschlichkeit und Vorbildern





Eigentlich wollte ich an diese Stelle einen kämpferischen Eintrag platzieren. Eine weitere Stimme gegen Fremdenfeindlichkeit. Eine Erinnerung an Kinderrechte, die für alle Kinder gelten. Eine Mahnung, gerade an die Schwächsten der Fliehenden zu denken.

Ich habe mich dagegen entschieden, obwohl der Beitrag stand.

Denn auch wenn es davon nie genug geben kann: Es existieren so viele Stimmen gegen den Hass, dass meine hier nichts neues mehr bringt. Und ganz ehrlich: Wer es bisher nicht verstanden hat, dem werden meine Argumente auch nicht die Augen öffnen. Dafür sind sie nicht neu genug. Selbst wenn sie die Kinder in den Mittelpunkt rücken.

Ich möchte mich den Kindern aus einer anderen Perspektive nähern. Kinder verstehen schon früh, was Ungerechtigkeit bedeutet. Wenn jemand mehr Kekse hat, als ein anderes Kind, ist das nicht fair. Wenn jemand alle schönen Spielzeuge im Kindergarten behält und nichts abgeben will, muss derjenige teilen lernen. Wenn jemand nicht mitspielen darf, nur weil er anders aussieht, ist das gemein. Jede Diskussion in einer Kindergartengruppe wird auf Verteilungsgerechtigkeit hinauslaufen, aber auch darauf, kleinere und schwächere Kinder zu schützen. Das ist Gruppenkonsens.
In Einzelsituationen verhalten sich Kinder manchmal gemein. Sie schließen aus. Sie prügeln. Sie verweigern das Teilen. Aber über kurz oder lang werden sie sich wieder versöhnen, denn ihnen ist nicht an einem dauernden Konflikt gelegen. Konflikte machen den Alltag anstrengend, sie behindern das Spiel und machen schlechte Laune. Im Zweifelsfall ignoriert man die Kinder, die man nicht mag.
Wohlgemerkt, wir sprechen von Fünfjährigen.

Zum Glück haben viele Menschen dieses Wissen nicht verlernt, die im Laufe ihres Lebens weiter dazu gelernt haben. Zum Glück gibt es Menschen, die empathisch sind, denen klar ist, wie dramatisch die Situation für die Flüchtlinge ist. Die alle Menschen als Menschen begreifen und keine künstliche Trennung benötigen, um sich zu definieren.
Diesen Helfern möchte ich hier danken. Für ihren unermüdlichen Einsatz, für ihre Opferbereitschaft, für ihr Glaube an eine Gesellschaft, die besser ist als der Hass und die Furcht.  Die unseren Kindern ein echtes Vorbild sind.

Aus meinem ursprünglichen Beitrag möchte ich eines übernehmen:
Deutschland liegt das Kindeswohl am Herzen. In diesem Land hat jedes Kind das „Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ (§1 (1) SGB VIII) Ich möchte an dieser Stelle auf zwei Punkte hinweisen: 

1.  Gemeinschaftsfähig. Gemeinschaftsfähig heißt, sich selbst zurücknehmen zu können. Nicht nur die eigene Position sehen, sondern größer zu denken. Größer als die eigenen kleinlichen Belange. An das, was Schwächere und Ärmere benötigen und was man selbst für die Gemeinschaft tun kann. Als Gemeinschaft verstehe ich die Gemeinschaft aller Menschen. Wir sind eingebunden in Gemeinden, das Land, Europa und die Welt. Und zumindest den Menschen, die uns am nächsten sind, die in unsere Städte ziehen, in Deutschland verbleiben, zumindest denen sollte man sich verbunden fühlen. Es ist großartig, das so viele Helfer diesen Grundsatz leben und der Gemeinschaft produktiv und mit aller Kraft zur Seite stehen. Wie nicht oft genug erwähnt werden kann: Ohne euch würde alles zusammen brechen.
2.   Jedes Kind. Jedes Kind beinhaltet jede Gruppe Kinder, gleichgültig ihrer Nationalität. Wie wir handeln dient als Vorbild für jeden Heranwachsenden. Wir können uns entscheiden, ob Zorn und Hass oder Mitmenschlichkeit, Freundlichkeit und vor allem echte Problemlöseorientierung unser Handeln prägen. An den Helfern lernen Kinder Menschlichkeit. Und gerade die Flüchtlingskinder erfahren, dass es Menschen gibt, die für Sicherheit sorgen, die sie schützend aufnehmen und ihnen so eine Grundlage für weitere Perspektiven bieten.

Dass die Helfer ohne die Unterstützung der Politik nicht weiter kommen, steht außer Frage. Gerade die minderjährigen Flüchtlinge benötigen langfristige Perspektiven, schnellen Schulzugang, Sicherheit darüber, wie es weiter geht. Das müssen die offiziellen Stellen leisten. 

Aber die Freiwilligen fangen auf, unterstützen emotional, trösten und bieten so zumindest das Gefühl, hier angenommen zu sein. Ich hoffe, dass zukünftig alle Energie in Hilfe und Solidarität fließt und so die Stimmung der Gesellschaft verwandelt. Ich hoffe, dass wir alle ein wenig menschlicher werden.

Mit diesem Beitrag unterstützen wir die großartige Initiative "Blogger für Flüchtlinge". Helfer brauchen Unterstützung, in Form von Sach- und Geldspenden oder tatkräftigen Händen. Auch ihr könnt etwas tun.  #BloggerFuerFluechtlinge

Montag, 7. September 2015

Unser erstes Jahr mit ZWEI Kindern


Habe ich die Kopieren-Taste gedrückt, als wir uns fürs Geschwisterchen entschieden? In meiner Kindheit lebten wir zu zweit. Es gab nicht mich und meine Eltern, sondern uns und unsere Eltern. Man fand uns im Kinderzimmer malend, an unserem Bach spielend, im Apfelbaum kletternd oder vorm Fernseher kichernd. Sie klaute mir die Fernbedienung, ich ihr die Schokolade. 

Meine Schwester und ich haben einen Altersunterschied von 19 Monaten. Ich drückte also auf Kopieren und nun wachsen meine Töchter ebenfalls als Geschwisterpaar auf. Die große Tochter und die kleine Tochter. Annika ist 17 Monate jünger als Mila und beide werden sich nie an eine Zeit ohne einander erinnern. Das finde ich schön. Und ich weiß, wovon ich spreche.

Natürlich sind Mila und Annika keine Kopien meiner eigenen Kindheit. Meine große Tochter geht viel liebevoller mit ihrer kleinen Schwester um als ich. Gott sei Dank!

Wie wäre es ohne Geschwisterkind?
Meine erste Tochter lebt seit 28 Monate bei uns, ein großes, witziges Mädchen, das viele Sachen alleine bewältigen kann und nicht annähernd mehr so „anstrengend“ ist wie ein Baby. Das macht den Reiz an Einzelkindern aus – Irgendwann hat man die Babyjahre überstanden und lebt entspannt vor sich hin. Bei der Entscheidung für mehrere Kinder muss man immer wieder von vorn starten: Stillen, Windeln wechseln, durch die Nächte tragen, überhaupt immerzu tragen. Und es entgleitet so vieles: Der Überblick über die Sockenschublade (Sind die von Mila oder Annika? Oder meine eigenen?), die Prinzipien wie „zuckerfrei durchs erste Jahr“ und überhaupt das aufwändige Kochen: „Machen wir doch einfach Nudeln mit Würstchen.“ 

… aber nur ein Kind zu haben, kam für uns nicht in die Tüte. Dabei denke ich gar nicht an „verzogene Einzelkinder“, sondern an so viel Schönes! Lasst mich das erste Jahr auf eine Liste packen: 
  • Lachen zwischen Geschwistern.
    Schön ist, zu sehen, wie ich mein Baby zum Lachen bringe. Noch schöner ist, wie Mila das Baby zum Lachen bringt! Da muss die ganze Familie mitlachen.
  • Sie hilft ihrer Babyschwester.
    Kleine Kinder werden gern gebraucht. Mila hilft, indem sie Windeln zum Mülleimer bringt und Annika den Schnuller holt. Sie gibt ihr von ihrem Essen ab und macht Seifenblasen für sie.
  • Das Baby schaut sich alles ab.
    Ob Gerücht oder Wahrheit bei uns trifft es zu: Die Kleine ist schneller. Annika krabbelt ihrer Schwester hinterher, sie steht und würde auch gern laufen. Sie will alles essen, was die Große isst und sie möchte wie ihre Schwester reden können. Ihr Blick sucht stets nach ihrer großen Schwester: Was macht sie da? Das will ich auch!
  •  Mila hat das Sagen.
    „A-ika nein!“ („Annika nein!“). Unsere kleine Aufpasserin bekommt genau mit, wenn das Baby wieder an die Magic-Karten meines Mannes geht oder beginnt, Bücher zu zerreißen. Irgendwann müssen wir ihr wohl sagen, dass man nicht petzt, aber zurzeit ist es für uns natürlich praktisch.
  • Gemeinsames Spiel, gemeinsamer Spaß
    Sie erfreuen sich zu zweit an Seifenblasen, planschen in einer Badewanne und spielen Lego. Es sind noch kurze Momente, in denen sie wirklich zusammen und nicht nur nebeneinander spielen, aber diese sind wundervoll. Mit Mama oder Papa als Helfer klappt auch schon das Ball spielen. 
  • Freude auf allen Seiten
    Wir lieben unser Baby. Sobald Annika morgens wach wird, steht Mila auch schon neben ihrem Bett. Sie muss sofort in den Arm genommen und geknuddelt werden. Auch Annika ist voller Freude. Und wir Eltern auch - Es sei denn, es ist 5 Uhr morgens.

Unser erstes Jahr war auch anstrengend. 

Mehrere Kinder sind selbstverständlich auch sehr anstrengend. Wir warten sehnsüchtig darauf, dass unser Baby um 20 Uhr schlafen geht, denn so ein bisschen Zweisamkeit, einfach mal die Füße hochlegen, ein Bierchen trinken und ohne Unterbrechung „Game of Thrones“ gucken, haben wir verdient. Der nächste Tag startet wieder um 6 Uhr morgens.

Das erste Baby stellt alles auf den Kopf und man hat kaum Zeit für sich. Wenn noch ein Kind einzieht, merkt man erst: Es geht noch schlimmer! Während beim ersten Baby noch Abwechslung möglich war, muss man bei zwei Kindern immer ran: Entweder bringt man die eine oder die andere ins Bett. Um wirklich Ruhe zu haben, hilft nur die Flucht aus den eigenen vier Wänden.

Das zweite Kind ist faszinierend.

Diesen zweiten, kleinen Menschen zu bekommen, ist ein faszinierendes Erlebnis, so anders ist er als Nummer 1. Aber auch dieser Minimensch schafft es, das Herz der Eltern zu erobern. Und dieser zweite Mensch lässt aus dem Einzelkind ein Team werden lässt, ein UNS. Ich denke nicht, dass ein Kind zu kurz kommt, wenn es seine Eltern mit einem Geschwisterchen "teilen" muss. Die Familie wird um einen Menschen reicher, einen neuen Menschen mit dem man spielen und lachen und streiten kann. Die Eltern brauchen starke Nerven, bekommen aber immerhin noch mehr zu lachen und die Familie erreicht wieder ein neues Level.

Was meint ihr? Sollten Kinder mit Geschwistern aufwachsen oder ist das überbewertet?

  

Donnerstag, 3. September 2015

Linktipp "We are warrior moms"

Ein Video für alle kämpfenden Mütter da draußen.

"Perinatal mood and anxiety disorders affect 1 in 7 pregnant and new moms. We are strong, we are fighters, we are good moms, and we are here for you if you are struggling, too. PostpartumProgress.org is proud to bring this video to moms around the world, with the help of Cotton Babies, to bring awareness to perinatal mood and anxiety disorders, and to let moms know they are not alone. And that they are still good moms, even if they are struggling." 





Zu der tollen Homepage hier entlang!