Freitag, 27. März 2015

Heilende Gespräche? Eine weitere psychologische Beratung

Im letzten Blogpost habe ich davon erzählt, dass wir einen Bertungstermin am Deutsch-Dänischen Institut für Familientherapie und Beratung hatten. Heute will ich euch davon berichten.

Kurz, für diejenigen, die unsere Geschichte nicht kennen: Ich hatte seit der 20. SSW vorzeitige Wehen, musste, nachdem sie muttermundwirksam wurden, für einige Wochen an den Wehenhemmer. Trotzdem ließ sich die Frühgeburt nicht aufhalten und ein Kaiserschnitt wurde durchgeführt, der mir noch einige Komplikationen bescherte. Es folgte ein vierwöchiger Aufenthalt in der Kinderklinik. Unser Kind ist für seine 20 Monate altersgerecht entwickelt, allerdings ein sehr sehr schlechter Schläfer und wacht nach wie vor weinend und schreiend bis zu fünfmal in der Nacht auf (so in normalen Nächten, in guten zweimal, in schlechten auch siebenmal und öfter).


Also war ich sehr froh, ein kostenloses Beratungsgespräch am DDIF bekommen zu haben, da ich ein großer Fan der Jesper Juul Pädagogik bin. Juul ist ein erfahrener Familientherapeut und seine Bücher kann ich nur wärmsten empfehlen (am Montag stellt Schokominza eins von ihm vor). Sie sind leicht verständlich und haben mir ein paar gute Erziehungshinweise gegeben - aber Achtung, Juuls Bücher sind KEINE Erziehungsratgeber im klassischen Sinn, sondern eher die Sichtweise eines Familientherapeuten mit einem speziellen Ansatz, dargestellt an Fallbeispielen. Laienhaft auf den Punkt gebracht, vertritt Jesper Juul die Meinung, dass nicht Kinder ein Problem haben, wenn sie sich "auffällig" verhalten, sondern damit nur auf ein Problem aufmerksam machen. Diese Probleme liegen natürlich bei uns, den Eltern.

Und hier liegt das Problem. Das meine ich jetzt ganz pragmatisch.

Aber erstmal zum Beratungsgespräch an sich:

Die Beratung im Deutsch-Dänischen Institut für Familientherapie

Wir wurden in der schönen Villa Fohrde an der Havel sehr warm und freundlich empfangen. Im Vorfeld habe ich bereits mit den Verantwortlichen E-Mails ausgetauscht und den Ablauf besprochen. Unser "Fall" wurde im Rahmen einer familientherapeutischen Ausbildung am Institut vorgestellt und da die Auszubildenden sich unserer Geschichte annahmen, war die Beratung für uns kostenlos. Natürlich fand das Gespräch unter Supervision statt, allerdings auch unter Beobachtung des gesamten Jahrgangs.

http://www.villa-fohrde.de/
Wir wurden also in einen Raum geführt, der voll mit Menschen war und sollten in der Mitte Platz nehmen. Dort schilderten wir unsere Situation und recht schnell war ich dabei, mir die Anstrengungen der letzten zwei Jahre von der Seele zu reden - Zuschauer haben mich dabei noch nie gestört, siehe meine Blogposts ;).

Die belastende Zeit in der Schwangerschaft wurde direkt von dem traumatischen Erlebnis der Geburt und den Komplikationen danach abgelöst. Unsere Situation war anschließend auch nicht entspannter, da wir - kaum aus der Klinik - schon umziehen mussten, bzw. ich mit dem Baby alleine war, während M. schon zu seinem neuen Arbeitsplatz vorzog und nur an den Wochenenden Zuhause war.

Also packte ich nachts um eins Umzugskartons, weil Sohnemann erst dann schlief und nutze jede Pause, um den Umzug zu organisieren. Kaum umgezogen, kauften wir das Haus und renovierten in jeder freien Minute.
Der erste Tag in der Kinderklinik
Ja, das war stressig, nicht von der Hand zu weisen. Hat unser Kind den Stress gespürt? Vermutlich. Haben wir zu viel Druck gemacht, dass er "endlich doch bitte schläft", damit wir uns mal ausruhen und/oder Dinge erledigen können? Bestimmt. Trotzdem waren wir stets bemüht, den Alltag mit unserem Kind so stressfrei wie möglich zu gestalten und fühlten uns tatsächlich hauptsächlich von den schlechten Nächten überfordert. Außerdem lässt die turbulente Zeit seit längerem nach und trotzdem müssen wir uns nach wie vor in den Nächten abwechseln, damit zumindest einer von uns ein paar Stunden am Stück schlafen kann.

Die Ursache für das Schlecht-Schlafen laut (diesen) Psychologen

Recht schnell wurde also unser turbulentes Leben für die unruhigen Nächte verantwortlich gemacht.

Mein Kind sei so empathisch und reagiere so sensibel auf die Stimmung Zuhause, dass er - Zitat Psychologin - mich trösten will und mit seinem Weinen und häufigem Aufwachen uns dazu auffordert, unser Leben wieder in entspannte Bahnen zu lenken, damit es uns allen besser geht.

Letztlich kann ich zusammenfassen, dass meine Erschöpftheit der Grund für die Unruhe meines Kindes ist. Nicht erst durch die Umzüge, sondern schon viel früher beginnend in der Klinikzeit, als ich mich nur schwer von den Komplikationen der OP erholen konnte.

So. Mh. Wirklich? Zwar bin ich - sonst würde ich die Juul'sche Pädagogik nicht so toll finden - mir natürlich im Klaren darüber, dass wir als Eltern eine große Verantwortung tragen und diese auch ernst nehmen müssen. Schließlich frage ich seit einem Jahr Fachmenschen um ihren Rat.

Aber mal ernsthaft, wie soll ich mich denn erholen, wenn die Nächte ein Grund für meine Erschöpftheit sind? Also, wie soll man aus diesem Kreis ausbrechen, wenn ICH das Problem bin? Das Problem bearbeiten, klar. Aber was genau ist denn nun das Problem? Unser Leben? Unser Start? Unser Alltag? Wirkt sich jede Schieflage sofort auf so eine Art auf mein Kind aus? Ist das nicht...erschreckend? Und was kann ich denn jetzt ändern? Und warum wurde M. so aus der Gleichung gestrichen? Obwohl er daneben saß, blieb er relativ unbehelligt in der Analyse. Es sei eher seine Aufgabe, mich zu entlasten - nicht, dass ich das nicht auch finden würde ;). Aber hat der Vater nicht noch ein paar mehr Aktien darin?



Ja, ich bin verwirrt. Deshalb ließ der Blogpost auch ein wenig auf sich warten. Denn, um ehrlich zu sein, weiß ich IMMER noch nicht, was ich davon halten soll.

Was denkt ihr? Schlafen alle Kinder schlecht, wenn ihre Eltern gestresst sind? Kann das der "einzige" Grund sein? Und wie soll man sowas ändern? Muss man sein Leben auf Pause setzen, um einen angemessenen Rahmen für das Kind zu schaffen? Wie soll das gehen?

Im nächsten Blogpost berichte ich euch von meinen Erfahrungen bezüglich eines wirklichen "Heilgesprächs" - ich hatte es im letzten Post schon angesprochen, nur kam mir nun diese Beratung dazwischen. Bei aller Sinnhaftigkeit, dass ich einen großen Teil dazu beitrage, denke ich trotzdem, dass der schlechte Start an sich auch direkte Spuren hinterlassen hat.

1 Kommentar:

  1. Unser erster Sohn - inzwischen vier Jahre alt - schreit auch seit der Geburt jede oder fast jede Nacht, meistens mehrmals. Er wacht auf - oder eben auch nicht wirklich - und brüllt. Er wimmert nicht, er weint nicht, er kreischt.
    Tagsüber auch, wenn etwas nicht nach seinem Willen läuft. Aber das ist vielleicht ein anderes Thema.(?)
    Ich frage mich schon sehr lange, ob das eine Folge der langwierigen Geburt sein kann. Die endete wegen "schlechter Herztöne des Kindes" im Kaiserschnitt - für mich traumatisch. Für ihn auch?

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